Welt-Tuberkulose-Tag 24. März 2024

Good News zum Welt-Tuberkulose-Tag: Heilungschancen der MDR-Tuberkulose durch revolutionäre Behandlungsmöglichkeiten deutlich gestiegen

Fallzahlen in Österreich trotz Migrationsbewegungen stabil

In Österreich sind die Fallzahlen trotz Flüchtlings- und Migrationsbewegungen weiterhin relativ stabil. Die zweite gute Nachricht: Neue Medikamente und eine neues Therapieschema erhöhen den Behandlungserfolg signifikant.

Dennoch: Global stellt die Entwicklung von multiresistenter Tuberkulose eine Bedrohung dar. Schnelle Diagnose und effiziente Behandlung sind die wichtigsten Waffen im Kampf gegen diese weltweit häufigste tödlich verlaufende, aber prinzipiell heilbare Infektionskrankheit.

Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) informiert anlässlich des Welt-Tuberkulosetags am 24. März.

Situation in Österreich 2023: Fallzahlen trotz Herausforderungen stabil

Trotz Flüchtlings- und Migrationsbewegungen sind die Tuberkulose-Fallzahlen in Österreich relativ stabil. Im Jahr 2023 wurden 422 Fälle von Tuberkulose in das Epidemiologische Meldesystem (EMS) gemeldet. Dies entspricht einer Inzidenz von 4,6 Fällen je 100.000 Einwohner*innen. Im Jahr 2022 wurden 372 Fälle gemeldet. Hier lag die Inzidenz bei 4,1 Fällen je 100.000 Einwohner*innen. Zur Jahrtausendwende waren es noch mehr als 1.000 Erkrankungsfälle pro Jahr.

„Im langfristigen Verlauf ist der Trend, trotz des geringfügigen Anstiegs des letzten Jahres, weiterhin rückläufig, so dass Österreich global zu den Niedriginzidenzländern gehört“, so OA. Dr. Michael Knappik, MPH, stellvertretender Leiter der ÖGP-Expert*innengruppe „Infektiologie und Tuberkulose“.

Flüchtlings und Migrationsbewegungen haben bisher zu keiner deutlichen Zunahme der Tuberkulose-Inzidenz geführt. Internist, Infektiologe und Tropenmediziner Knappik: „Im Jahr 2023 wurden an der nationalen Referenzzentrale für Tuberkulose sieben Fälle von multiresistenter Tuberkulose in der Nicht-Nativbevölkerung bestätigt und ein Fall von multiresistenter Tuberkulose wurde in der österreichischen Nativbevölkerung festgestellt. Es wurde ein Fall von XDR-Tuberkulose gemeldet.“

Aktuelle Entwicklungen: Revolution in der Tuberkulosebehandlung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte Ende 2022 neue Empfehlungen zur Behandlung der multiresistenten Tuberkulose, kurz: MDR (= Multi-Drug-Resistant). Knappik: „Durch ein neues Therapieregime (BPaLM) und die Einführung des Medikaments Pretomanid wurde die Behandlung signifikant verbessert. Die Therapiedauer konnte bei den meisten Patienten von 18-24 Monaten auf nur noch 6 Monate verkürzt werden. Dies führt zu einer drastischen Reduzierung der Anzahl der Tabletten, die ein Patient bzw. eine Patientin mit multiresistenter TB insgesamt einnehmen muss, von über 3.500 auf etwa 500 Tabletten! Gleichzeitig verbessert sich der Therapieerfolg durch eine Steigerung der Heilungsquote von bisher nur rund 60% auf 90%. Diese Fortschritte sind bahnbrechend und zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, Tuberkulose wirksam zu bekämpfen.“

Auch in Österreich wurden 2023 bereits die ersten Patient*innen erfolgreich mit diesem neuen Therapieschema behandelt.

Globale Situation 2022: Herausforderungen bleiben bestehen

Weltweit ist Tuberkulose, hinsichtlich der verursachten Todeszahlen die zweithäufigste Infektionskrankheit nach COVID-19 und liegt somit noch vor HIV und AIDS. Im Jahr 2022 starben insgesamt 1,3 Millionen Menschen daran. Im Jahr 2022 erkrankten weltweit schätzungsweise 10,6 Millionen Menschen an Tuberkulose, darunter 1,3 Millionen Kinder. Besonders besorgniserregend ist die Situation bei multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB), die weiterhin eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Gesundheit darstellt.

Knappik: „Tuberkulose kommt in allen Ländern und Altersgruppen vor. Und: Tuberkulose ist prinzipiell heilbar und vermeidbar. Wichtig für eine erfolgreiche Tuberkulosekontrolle sind eine rasche Diagnose und effektive Behandlung. Nicht nur für den einzelnen Betroffenen, sondern auch damit die Erkrankung weder weiter übertragen wird noch sich Resistenzen ausbilden können.“

Menschen mit den klassischen TB-Symptomen, wie länger bestehendem Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust, sollten daher umgehend einen Lungenfacharzt aufsuchen, denn dies können Hinweise auf eine bestehende Tuberkulose sein.

Dr. Knappik mahnt: „Die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung von Tuberkulose haben seit dem Jahr 2000 schätzungsweise 75 Millionen Menschen das Leben gerettet. Obwohl wir bedeutende Fortschritte gemacht haben, dürfen wir nicht nachlassen in unseren Bemühungen, Tuberkulose weltweit zu bekämpfen.“

Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie ruft dazu auf, den Welt-Tuberkulosetag am 24. März zum Anlass zu nehmen, das Bewusstsein für diese Krankheit auch in der Öffentlichkeit zu schärfen und auf die Bedeutung einer möglichst raschen Diagnosestellung und raschen, fachgerechten Therapie hinzuweisen.

Über Tuberkulose

Die Erreger, die Tuberkulose-Bakterien, werden durch Tröpfchen in der Atemluft (Husten, Niesen) übertragen. Meist manifestiert sich die Erkrankung in der Lunge (Lungentuberkulose), doch fast alle Organe können betroffen sein (Organtuberkulose). Der Verlauf kann schwer sein und tödlich enden. Diese von Bakterien verursachte Erkrankung ist mit global 10 Millionen Infektionen und Jahr für Jahr rund 1,3 Millionen Todesfällen eine der tödlichsten Infektionskrankheiten. Trotz verfügbarer Therapie sterben weltweit fast 4.000 Menschen pro Tag daran. Ob der menschliche Körper die TB-Infektion abwehren kann oder daran erkrankt, ist von Faktoren wie Ernährungszustand und Immunstatus abhängig. Tuberkulosebakterien können sich aber auch im Körper abkapseln. Sie sind dann inaktiv, breiten sich nicht weiter aus, können aber jahrelang in diesem Zustand überleben; der Träger ist beschwerdefrei, man spricht von einer latenten TB Infektion. Betroffene zeigen keinerlei Beschwerden. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung ist Träger einer latenten Tuberkulose. Erst bei einer Schwächung des Immunsystems kann es, oft erst nach Jahren, zu einer Aktivierung der Erkrankung TB kommen; man spricht dann von aktiver TB Infektion.

Tuberkulose kann auch ausbrechen, ohne dass Betroffene es merken, denn die Beschwerden sind häufig schleichend und nicht eindeutig: Über Wochen hindurch Husten ohne Auswurf, Gewichtsabnahme (daher der alte Name „Schwindsucht“), Abgeschlagenheit, erhöhte Temperatur und Nachtschweiß sind klassische TB-Symptome.

Gefährliche Resistenzen – multiresistente Tuberkulose

Tuberkulose ist eine heute prinzipiell heilbare Infektionskrankheit. Bei unzureichender Therapie oder Therapiefehlern kann es zur Entwicklung resistenter Tuberkulosebakterien kommen, die dann nur sehr schwer oder schlimmstenfalls nicht mehr therapierbar sind. Man spricht von Multiresistenter Tuberkulose oder MDR (= Multi Drug-Resistant).

24. März ist Welttuberkulosetag

Vor über 130 Jahren, am 24. März 1882, präsentierte Robert Koch vor der Physiologischen Gesellschaft in Berlin seine Entdeckung des Tuberkulose-Erregers, Mycobacterium tuberculosis. Dieser Tag wird traditionell als Welt-Tuberkulosetag begangen, um auf die Bedeutung dieser Entdeckung hinzuweisen und auch daran zu erinnern, dass die Erkrankung trotz großer medizinischer Fortschritte noch immer weltweit Tag für Tag rund 4.000 Menschenleben fordert.

OA Dr. Michael Knappik, MPH

Stellvertretender Leiter der Expert*innengruppe für Infektiologie und Tuberkulose, ÖGP

Facharzt für Innere Medizin, Infektiologie und Tropenmedizin

Wiener Gesundheitsverbund, Klinik Penzing

Abteilung für Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Pav. Severin

MDR = Multiresistente Tuberkulose

XDR-Tuberkulose (Extensively drug-resistant), ist eine Form der Tuberkulose, bei der die meisten verfügbaren Antibiotika nicht mehr wirksam sind.

Kombinationsbehandlung bestehend aus Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM)

Quelle: AGES-Jahresreport 2022